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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 15.09.2005
Aktenzeichen: 9 TaBV 189/04
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 37 VI
BetrVG § 40 I
Eine Grundlagenschulung für erstgewählte Betriebsratsmitglieder im Betriebsverfassungsrecht ist weder auf zwei Wochen begrenzt noch besteht ein Anspruch auf eine dreiwöchige Grundlagenschulung. Deren Erforderlichkeit bedarf der Würdigung der Umstände des Einzelfalles.
Tenor:

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 08. Juli 2004 - 21/16 BV 445/03 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beteiligte zu 2) verpflichtet wird, an den Beteiligten zu 3) 711,90 EUR (in Worten: Siebenhundertelf und 90/100 Euro) (statt 719,90 EUR [in Worten: Siebenhundertneunzehn und 90/100 Euro] ) zu zahlen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Kostenübernahme für eine Betriebsratsschulung.

Der Beteiligte zu 1) (im Folgenden: Betriebsrat) ist der gewählte Betriebsrat der Beteiligten zu 2) (im Folgenden: Arbeitgeberin). Er besteht aus 11 Mitgliedern. Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der chemischen Industrie mit etwa 480 Arbeitnehmern. Die Beteiligten zu 3) und 4) sind Mitglieder des Betriebsrates. Sie sind erstmals im Jahr 2002 in den Betriebsrat gewählt worden und nahmen jeweils an drei Fortbildungsveranstaltungen des Veranstalters "Institut A" (im Folgenden: A) zum Betriebsverfassungsrecht teil.

In der Zeit vom 15. bis zum 20. Oktober 2002 nahmen sie in B an der Fortbildungsveranstaltung "Betriebsverfassungsgesetz Teil 1 - Einführung in das Betriebsverfassungsrecht" teil. Auf den Themenplan wird Bezug genommen (BI. 11 d. A.). Die Arbeitgeberin bewilligte die Teilnahme der Beteiligten zu 3) und 4) vorbehaltlos und übernahm die Kosten in Höhe von insgesamt 1.521,20 Euro pro Person. In der Zeit vom 16. bis zum 21. Februar 2003 nahmen sie an der Fortsetzungsveranstaltung "Betriebsverfassungsgesetz Teil 2 - Beteiligungsrechte in sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten" teil (Themenplan BI. 12 d. Akte). Auch bezüglich dieser Veranstaltung bewilligte die Arbeitgeberin nach anfänglichen Auseinandersetzungen über die Erforderlichkeit der Veranstaltung die Teilnahme der Beteiligten zu 3) und 4) und übernahm die Kosten in Höhe von insgesamt 1.832,35 Euro pro Person. Sie reisten jeweils in der 1. Klasse der Deutschen Bundesbahn.

Am 27. Februar 2003 beschloss der Betriebsrat ihre Teilnahme an dem Seminar "Betriebsverfassungsgesetz Teil 3 - Beteiligungsrechte in personellen Angelegenheiten" vom 26. bis 31. Oktober 2003 in C. Die Arbeitgeberin lehnte die Übernahme der Kosten und die Freistellung der Beteiligten zu 3) und 4), nachdem es über die Frage Verhältnismäßigkeit der Kosten der Veranstaltung zu Auseinandersetzungen gekommen war, ab. Zeitgleich zu diesem Seminar bot die Gewerkschaft D (im Folgenden: D) vom 27. Oktober 2003 bis 31. Oktober 2003 in der Bildungsstätte E ein Seminar mit dem Titel "Betriebsverfassungsgesetz für Betriebsräte" an. Wegen des Inhalts der Veranstaltung wird auf den Ausdruck der Internetwerbung der D (BI. 36 d. Akte) Bezug genommen.

Trotz der von der Arbeitgeberin verweigerten Zustimmung nahmen die Beteiligten zu 3) und 4) an der Schulungsveranstaltung des A vom 26. bis 31. Oktober 2003 in C teil. Dem Beteiligten zu 3) sind insoweit Fahrtkosten (Bahn- und Taxikosten) in Höhe von 191,90 Euro, dem Beteiligten zu 4) in Höhe von 180,40 Euro entstanden. Sie reisten mit der Deutschen Bundesbahn in der 1. Klasse nach C. Die Kosten für Übernachtung und Vollpension beliefen sich pro Person auf insgesamt 650 Euro. Eine gesonderte Ausweisung der Verpflegungs- und Übernachtungskosten ist auf den beiden Rechnungen des Hotels vom 30. Oktober 2003 nicht erfolgt. Auf die zu den Akten gereichten Kopien der Quittungen, Rechnungen und Fahrscheine wird Bezug genommen. Die Beteiligten zu 3) und 4) beglichen die Fahrt- und Übernachtungskosten zunächst aus eigener Tasche. Die Seminarkosten für die Veranstaltung "Betriebsverfassungsgesetz Teil 3" beliefen sich pro Person auf 1.113,60 Euro brutto. Die Rechnung war zunächst an "F GmbH, ... Gebäude G, ..." gerichtet. Im Gebäude "G" ist ausschließlich der Betriebsrat untergebracht.

Der Betriebsrat und die Beteiligten zu 3) und 4) sind der Ansicht gewesen, die Schulungsveranstaltung "Betriebsverfassungsgesetz Teil 3" sei erforderlich und hinsichtlich der Kosten verhältnismäßig gewesen. Insbesondere könne die Arbeitgeberin nicht verlangen, das von der D angebotene Seminar zu buchen. Bei der Arbeitgeberin bestünden Richtlinien, nach denen Dienstreisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln generell erster Klasse gebucht werden könnten. Dies sei von der Arbeitgeberin auch in früheren Fällen ohne Beanstandung so gehandhabt worden.

Der Betriebsrat hat beantragt,

die Arbeitgeberin zu verpflichten, ihn von den Fortbildungskosten gegenüber dem Institut A ( A ) in Höhe von EUR 2.227,20 freizustellen.

Der Beteiligte zu 3) hat beantragt,

die Arbeitgeberin zu verpflichten, an ihn EUR 941,90 netto zu zahlen.

Der Beteiligte zu 4) hat beantragt,

die Arbeitgeberin zu verpflichten, an ihn EUR 830,40 netto zu zahlen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin ist der Ansicht gewesen, eine Verpflichtung zur Übernahme der geltend gemachten Fortbildungskosten bestehe nicht. Die Teilnahme der Beteiligten zu 3) und 4) an dem Seminar "Betriebsverfassungsgesetz Teil 3" sei für die Vermittlung von Grundlagenwissen weder erforderlich gewesen noch seien die mit der Teilnahme verbundenen Kosten verhältnismäßig. Sie hat gemeint, die Beteiligten zu 3) und 4) seien gehalten gewesen, das örtlich näher liegende und zeitgleich stattfindende Seminar der D in E zu besuchen. Auch dort sei über die allgemeinen Aufgaben des Betriebsrates, die Mitbestimmungs-, Beteiligungs- und Informationsrechte und die persönliche Rechtsstellung des Betriebsrates doziert worden. Die Kosten für diese Veranstaltung lägen jedoch lediglich insgesamt bei einem Betrag in Höhe von etwa 1.000 Euro pro Person und damit weit unter den Kosten der einzelnen vom Bildungsträger A angebotenen Seminare.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Arbeitgeberin durch Beschluss vom 8. Juli 2004 wegen der Seminarteilnahme der Beteiligten zu 3) und 4) zur Kostenfreistellung und mit Ausnahme eines Abzuges wegen ersparter Aufwendungen zur Zahlung verpflichtet. Zur Begründung hat es ausgeführt, das in den drei Seminaren des Veranstalters A vermittelte Wissen sei - wie sich aus den Inhaltsübersichten ergebe - Grundlagenwissen des Betriebsverfassungsrechts. Insbesondere das Seminar "Betriebsverfassungsgesetz Teil 3" über die Mitwirkungsrechte in personellen Angelegenheiten behandele originäre Grundfragen der Tätigkeit eines Betriebsratsmitglieds. Einem auf insgesamt drei Wochen angelegten Einführungsseminar für die Vermittlung von Grundlagenkenntnissen fehle nicht die Erforderlichkeit. Das fragliche Seminar sei auch im Hinblick auf die Gesamtkosten bzw. die Möglichkeit einer kostengünstigeren Alternativveranstaltung der D nicht unverhältnismäßig gewesen. Dies folge allein aus dem Umfang und der Komplexität des Rechtsgebietes des Betriebsverfassungsrechtes. Der Betriebsrat wäre allenfalls bei qualitativ gleichwertigen Schulungsveranstaltungen verpflichtet gewesen, das preiswertere Angebot in Anspruch zu nehmen. Die Seminarreihe "Betriebsverfassungsgesetz Teile 1 bis 3" sei jedoch zum einen qualitativ höherwertig, zum anderen handele es um eine aufeinander aufbauende Seminarreihe. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Betriebsrat als Adressat der Rechnung gemeint gewesen sei. Da die Beteiligten zu 3) und 4) zu den ersten beiden Seminaren unbeanstandet in der ersten Klasse der Deutschen Bundesbahn gefahren seien, hätten sie darauf vertrauen können, dass die Arbeitgeberin dies auch für den Besuch des dritten Seminars so handhaben werde. Hinsichtlich der Verpflegungskosten sei die Arbeitgeberin berechtigt, einen Abzug von 20 % wegen ersparter Eigenaufwendungen von den geltend gemachten Hotel- und Verpflegungskosten in Höhe von jeweils 650 Euro vorzunehmen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Gegen diesen ihr am 25. Nov. 2004 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin am 23. Dez. 2004 per Telefax Beschwerde eingelegt und diese am 25. Jan. 2005 begründet.

Die Arbeitgeberin ist weiterhin der Auffassung, die Schulungsveranstaltung der D vermittele die erforderlichen Grundkenntnisse zum Betriebsverfassungsgesetz. Dagegen umfasse die dreiteilige Veranstaltung des A Themenkreise, die mit der Grundkenntnisvermittlung zum Betriebsverfassungsgesetz nichts mehr zu tun hätten. Die mit der Veranstaltungsreihe des A vermittelten Kenntnisse gingen weit über das hinaus, was als Vermittlung von Grundlagenkenntnissen zum BetrVG verstanden werden dürfe. Das Arbeitsgericht lasse es unberücksichtigt, dass die einzelnen Inhalte der Seminarreihe des A, insbesondere die Geschäftsführung des Betriebsrates, Arbeitgeber und Gewerkschaften, kommunikative Fertigkeiten für die erfolgreiche Betriebsratsarbeit, konstruktive Verhandlungsführung in der Betriebsratsarbeit sowie Kommunikationsstörung und Konflikte in der Betriebsratsarbeit nicht dem Themenkreis "Vermittlung von Grundlagenwissen" zum Betriebsverfassungsgesetz gehörten. Vielmehr liege der Schwerpunkt offensichtlich auf persönlichkeitsbildenden Themenkreisen wie etwa der Ausbildung kommunikativer Fähigkeiten der Teilnehmer.

Anzuerkennen sei allenfalls eine vierzehntägige Schulung. Ein Vertrauenstatbestand sei nicht entstanden. Sie habe bereits die Veranstaltung "Betriebsverfassungsgesetz Teil II" der A nicht genehmigen wollen und auf die Veranstaltung der D verwiesen. Nur durch nachhaltige Intervention des Betriebsratsvorsitzenden habe sie sich noch einmal und letztmals entschieden, die Beteiligten zu 3) und 4) zur Veranstaltung "Betriebsverfassungsgesetz Teil II" zu schicken. Gegenstand der Beschwerde sei der angefochtene Beschluss auch im Hinblick auf die fehlende Belastung des Beteiligten zu 1) mit den Seminarkosten.

Die Beteiligte zu 2) beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 8. Juli 2004 die Anträge insgesamt zurückzuweisen.

Die Beteiligten zu 1), 3) und 4) beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beteiligten zu 1), 3) und 4) sind der Auffassung, es erstaune, dass die Erforderlichkeit der Schulungen der Beteiligten zu 3) und 4) nunmehr auch unter dem Gesichtspunkt des Schulungsbedarfes selbst in Frage gestellt würden. Bisher sei unstreitig gewesen, dass die Beteiligten 3) und 4) als erstmals und neu gewählte Betriebsratsmitglieder Anspruch auf eine Grundschulung hätten. Die Grundschulung für derartige Betriebsratsmitglieder sei unerlässlich. Es stehe dem Betriebsrat frei, im Rahmen des ihm obliegenden Ermessensspielraum auch eine qualitativ aus seiner Sicht überzeugendere Schulungsveranstaltung auszuwählen. Der Betriebsrat könne nicht gezwungen werden, ausschließlich subventionierte Veranstalter zu wählen, die eben deswegen günstiger anbieten könnten, weil die weiteren Kosten über ihre eigene Organisation und ihre Mitglieder getragen würden. Es gebe auch im Übrigen kein Kostenproblem. Außer den Beteiligten zu 3) und 4) hätten noch keine Betriebsratsmitglieder während der laufenden Wahlperiode an Schulungsveranstaltungen zum Betriebsverfassungsrecht teilgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Beschwerdeschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 15. Sept. 2005 verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist statthaft, § 87 Abs. 1 ArbGG, und zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist, §§ 87 Abs. 2 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1, 89 Abs. 1 und 2 ArbGG, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat die tatbestandlichen Voraussetzungen des Freistellungs- und Zahlungsanspruchs nach § 37 Abs. 6 i. V. m. § 40 Abs. 1 BetrVG zu Recht bejaht. Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein betriebsbezogener Anlass für den Besuch der Schulungsveranstaltung dann nicht dargelegt werden muss, wenn es sich um die Vermittlung von Grundkenntnissen des Betriebsverfassungsrechts handelt. Es entspricht der Auslegung des § 37 Abs. 6 i. V. m. § 40 Abs. 1 BetrVG durch das Bundesarbeitsgericht (etwa BAG Beschluss vom 19. Sept. 2001 - 7 ABR 32/00 - EzA § 37 BetrVG 1972 Nr. 142; BAG Urteil vom 18. Sept. 1991 - 7 AZR 125/90 - Juris; BAG Beschluss vom 7. Juni 1989 - 7 ABR 98/87 - Juris), von welchen Grundsätzen abzuweichen der Streitfall keine Veranlassung gibt, dass es im Regelfall keiner näheren Darlegung bedarf, dass der Erwerb solchen Grundwissens durch ein erstmals gewähltes Betriebsratsmitglied für die Betriebsratsarbeit aktuell erforderlich ist und im allgemeinen davon ausgegangen werden kann, dass das Betriebsratsmitglied Grundkenntnisse des Betriebsverfassungsrechts alsbald benötigt, um seine derzeitigen oder demnächst anfallenden Arbeiten sachgerecht wahrnehmen zu können. Die interne Willensbildung des Betriebsrats erfolgt durch Mehrheitsbeschluss seiner Mitglieder. Hierbei gibt jedes Mitglied seine Stimme in eigener Verantwortung ab. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, bedarf grundsätzlich jedes Betriebsratsmitglied eines Grundwissens in betriebsverfassungsrechtlichen Fragen.

Hinsichtlich der Dauer einer derartigen Schulung gibt es generell weder einen Anspruch auf drei Wochen Grundlagenschulung noch eine Begrenzung auf zwei Wochen (so aber LAG Köln Beschluss vom 12. April 1996 - 11 (13) TaBV 83/95 - Bl. 97 ff. d. A.). Die Beurteilung der Erforderlichkeit ist vielmehr immer eine Frage der Umstände des Einzelfalles. Sie hängt davon ab, um welche Branche es geht, auf welchem Niveau die Zusammenarbeit des Betriebsrats mit dem Arbeitgeber stattfindet, vom Inhalt des Themenplanes, dem Angebot auf dem Schulungsmarkt usw. In seinen Entscheidungen vom 18. Sept. 1991 (a.a.O.) und vom 17. Okt. 1990 (- 7 AZR 547/89 - Juris ) hat das Bundesarbeitsgericht z. B. eine dritte Schulungswoche für nicht erforderlich angesehen, weil auf ihr kein Grundwissen mehr vermittelt wurde, sondern weitgehend schwierige Fragenbereiche vertieft wurden. Das LAG Nürnberg hat mit Beschluss vom 28. Mai 2002 ( - 6 (5) TaBV 29/01 - NZA-RR 2002, 641) dagegen auch vier Wochenschulungen als Grundlagenschulungen im Betriebsverfassungsrecht als erforderlich anerkannt, die jedenfalls dann nicht unverhältnismäßig seien, wenn auf diesen Schulungen auch Grundkenntnisse des Arbeitsrechts vermittelt würden, die den Besuch von eigenen Grundlagenschulungen zum Arbeitsrecht als überflüssig erscheinen lassen. In der Entscheidung vom 7. Juni 1989 ( 7 ABR 98/87 - Juris) hat das BAG ausgeführt, es zähle zu den notwenigen Grundkenntnissen von Betriebsratsmitgliedern, im Überblick zu wissen, inwieweit für den Betriebsrat zwingende Mitbestimmungsrechte in sozialen Angelegenheiten bestünden, wo die Grenzen der Mitbestimmungsrechte bzw. Initiativrechte lägen, welche Regelungsmöglichkeiten bzw. -methoden das Gesetz im Falle der Nichteinigung zur Verfügung stelle, inwieweit eine gerichtliche Kontrolle möglich sei und welche Schritte von Gesetzes wegen bei Rechtsverstößen gegen Mitbestimmungsrechte vorgesehen seien. Die Vertiefung einzelner Mitbestimmungstatbestände seien keine Grundkenntnisse mehr, sondern Aufbaukenntnisse.

Unter Anwendung dieser Grundsätze sind die Seminare Betriebsverfassungsgesetz Teil II und III als erforderlich anzusehen. Die Veranstaltung "Betriebsverfassungsgesetz Teil II, Beteiligungsrechte in sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten" (Bl. 12 d. A.) verschafft in fünf Tagen einen Überblick über die Beteiligungsrechte der §§ 76, 77, 87, 106 ff. BetrVG (Mitbestimmung des Betriebsrats in sozialen Angelegenheiten, die wichtigsten Gegenstände der Mitbestimmung gem. § 87 BetrVG, Beteiligungsrechte des Betriebsrats in wirtschaftlichen Angelegenheiten, Durchsetzung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats, Betriebsvereinbarungen) und klingt aus mit dem Thema: "konstruktive Verhandlungsführung in der Betriebsratsarbeit". Das letztgenannte Thema ist an sich ein Spezialthema, andererseits nur ein Rand- und kein Schwerpunktthema, das der Veranstaltung nicht das Gepräge gab und ihr nicht den Charakter als Grundlagenschulung nimmt.

Die Veranstaltung "Betriebsverfassungsgesetz Teil III, Beteiligungsrechte in personellen Angelegenheiten" (Bl. 13 d. A.) verschafft einen Überblick über die Beteiligungsrechte des Betriebsrats in allgemeinen personellen Angelegenheiten, insbesondere Einstellungen und Versetzungen, Eingruppierungen und Umgruppierungen (§§ 99 ff. BetrVG), Beteiligungsrechte bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses (§ 102 BetrVG), Betriebsänderung, Interessenausgleich und Sozialplan (§ 111 ff. BetrVG), wobei auch hier am Rande ein Spezialthema behandelt wurde, nämlich Kommunikationsstörungen und Konflikte in der Betriebsratsarbeit, das dem Seminar ebenfalls nicht den Charakter als Grundlagenschulung nehmen konnte.

Der Streitfall weist gegenüber der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 17. Okt. 1990 ( a.a.O.) die Besonderheit auf, dass nicht die letzte von drei Schulungswochen keine Grundlagenschulung mehr war, sondern die zweite und dritte Schulungswoche Grundlagenschulungen darstellten, während die erste Schulungswoche, das Seminar "Betriebsverfassungsgesetz Teil I" zumindest zur Hälfte der Themen keine Grundlagenschulung beinhaltete. Nach dem Themenplan (Bl. 11 d. A.) gehören die Seminarinhalte "Grundlagen des Arbeits- und Betriebsverfassungsrechts", "Rechte und Pflichten des Betriebsrats" sowie "Aufgaben und Beteiligungsrechte des Betriebsrats" zur Vermittlung von Grundkenntnissen, während die Themen "Geschäftsführung des Betriebsrates", "Arbeitgeber und Gewerkschaften" sowie "Kommunikative Fertigkeiten für die erfolgreiche Betriebsratsarbeit" vertiefende Fragenbereiche betreffen. Werden auf einer Schulungsveranstaltung teils geeignete, teils auch nicht erforderliche Kenntnisse vermittelt, kommt es darauf an, ob die erforderlichen Themen mit mehr als 50 % überwiegen. Ist dies nicht der Fall, so ist die gesamte Veranstaltung als nicht erforderlich anzusehen (BAG Urteil vom 28. Mai 1976 - 1 AZR 116/74 - EzA § 37 BetrVG 1972 Nr 49; LAG Hamburg Beschluss vom 26. September 1996 - 1 TaBV 2/96 - NZA-RR 1997, 344). Bei dem Seminar Nr. 1 überwiegt nicht die Vermittlung von Grundlagenkenntnissen. Die Geschäftsführung des Betriebsrats ist nicht Aufgabe des einzelnen Betriebsratsmitglieds, sondern des Betriebsratsvorsitzenden (vgl. §§ 26 Abs. 2, 29 Abs. 2 und 3 BetrVG). Die Stellung der Gewerkschaften im Betrieb ist ein Spezialthema, bei dem viele Einzelfragen (§§ 2, 14 Abs. 3, 16 Abs. 3, 19, 31 usw.) angesprochen werden müssen. Das Thema "Kommunikative Fertigkeiten" ist ebenfalls keine Grundlagenschulung (BAG Beschluss vom 24. Mai 1995 - 7 ABR 54/94 - EzA § 37 BetrVG 1972 Nr. 127). Die Arbeitgeberin hat indessen dieses Seminar, das nicht im Schwerpunkt Grundlagenkenntnisse vermittelt, ohne Vorbehalt genehmigt, ohne seine Erforderlichkeit ausreichend zu prüfen. Stattdessen zweifelt sie nun das Seminar Nr. 3 an, das fraglos zusammen mit dem Seminar Nr. 2 als Grundlagenschulung geeignet ist. Ein als Grundlagenschulung geeignetes Seminar kann indessen nicht dadurch seine Eignung verlieren, dass der Arbeitgeber zuvor ein nicht geeignetes Seminar als Grundlagenschulung anerkannt hat, ohne seinen Inhalt nach dem Themenplan ausreichend geprüft zu haben.

Der Betriebsrat war nicht verpflichtet, statt des A-Seminars das Seminar der D auszuwählen. Bei gleichwertigen Angeboten muss der Betriebsrat zwar aus Kostenersparnisgründen das preisgünstigere auswählen, ansonsten steht ihm jedoch im Rahmen seines Beurteilungsspielraums die Befugnis zu, die Teilnahme an einer seiner Ansicht nach qualitativ höherwertigeren - wenn auch teureren - Schulungsmaßnahme zu beschließen (so BAG Beschluss vom 15. Mai 1986 - 6 ABR 74/83 - EzA § 37 BetrVG 1972 Nr. 85). Hier lässt sich indessen nicht feststellen, inwiefern das Seminar der D gleichwertig war. Den vagen Angaben in der Internetwerbung ("Beschreibung: Allgemeine Aufgaben des Betriebsrates, Mitbestimmungs-, Beteiligungs- und Informationsrechte des Betriebsrats, Persönliche Rechtsstellung des Betriebsrats) lässt sich dies nicht entnehmen. Auch auf die Auflage vom 9. Juni 2005 hin hat die Arbeitgeberin hierzu nicht mehr vorgetragen und ein konkreteres Schulungsprogramm nicht vorgelegt. Abgesehen davon bauen die betriebsverfassungsrechtlichen Seminare II und III des A aufeinander auf und machte es keinen Sinn, statt der Grundlagenschulung zu §§ 99 ff., 102 und 111 ff. BetrVG eine Wiederholung zu § 87 BetrVG zu besuchen, nur weil diese preisgünstiger ist.

Zur Höhe der Freistellungs- und Zahlungsverpflichtungen kann - abgesehen von einem korrigierten Rechenfehler - auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts verwiesen werden, die das Beschwerdegericht sich insoweit zu Eigen macht. Zum Zeitpunkt der letzten Anhörung lagen Rechnungen des A an den Betriebsrat vor, die - auch wenn sie nicht unterschrieben sind - dokumentieren, welche Forderungen gegenüber dem Betriebsrat geltend gemacht werden (vgl. BAG Beschluss vom 4. Juni 2003 - 7 ABR 42/02 - EzA § 40 BetrVG 2001 Nr. 4). Davon konnte der Betriebsrat - wie das Arbeitsgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat - aus seiner Sicht schon zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Einleitung dieses Verfahrens ausgehen, da die Rechnungen des A (Bl. 52, 58 d. A.) zwar an die Arbeitgeberin gerichtet waren, andererseits an das Gebäude G adressiert waren, in dem nach den Feststellungen des Arbeitsgerichts ausschließlich Betriebsratsmitglieder sitzen.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, § 2 Abs. 2 GKG.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 92 Abs. 1, 72 ArbGG gesetzlich veranlasst, da das LAG Köln in seinem Beschluss vom 12. April 1996 (a.a.O.) eine Begrenzung der Grundlagenschulungen im Betriebsverfassungsrecht auf zwei Wochen vornehmen will, während hier eine Beurteilung nach den Umständen des Einzelfalles vorgenommen wird und die Schulungsdauer zusammen mit den geeigneten Themen des A-Seminars zum Betriebsverfassungsrecht I zwei Wochen überschreitet.

Ende der Entscheidung

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